«50 Jahre bewegt»: Ein Zeitdokument, Geschichte und Geschichten

Rechtzeit­ig zum 50. Vere­in­sju­biläum hat hab queer bern die Jubiläum­schronik «50 Jahre bewegt – Von den Homo­sex­uellen Arbeits­grup­pen Bern zu hab queer bern 1972 bis 2022» veröf­fentlicht.

Gegrün­det wur­den die Homo­sex­uellen Arbeits­grup­pen Bern HAB am 6. Dezem­ber 1972. Direk­ter Anlass zur Grün­dung war der im Juni davor im Kellerki­no gezeigte Film «Nicht der Homo­sex­uelle ist per­vers, son­dern die Sit­u­a­tion, in der er lebt» von Rosa von Praun­heim, vor allem aber auch die anschliessend geführte Diskus­sion. Und so konzen­tri­erten sich die HAB in der Anfangszeit vor allem auch auf Grup­pendiskus­sio­nen. Und knapp ein Jahr nach der Grün­dung erschien die erste Aus­gabe des HAB-Infos.

Für die Mit­glieder des Vere­ins spielte das HAB-Info immer eine sehr grosse Rolle. Da wurde über ver­schieden­ste The­men geschrieben, debat­tiert – und da flo­gen auch mal die Fet­zen und der Vor­stand musste Gegen­darstel­lun­gen veröf­fentlichen. Die The­men waren dabei äusserst vielfältig – wir selb­st, das Milieu, die Kirchen und Reli­gio­nen, Gewalt, die Poli­tik, das Älter­w­er­den, Part­ner­schaft und «Schwu­lene­he», HIV und Aids…

Und so dien­ten dann auch die HAB-Infos der let­zten 50 Jahre als Quellen für die nun vor­liegende Jubiläumss­chrift. Zusam­mengestellt hat die Chronik Daniel Frey. «Ihm ist es mit der Chronik gelun­gen, träfe und noch heute gültige Texte und Bilder auszuwählen», sagt Vere­in­spräsi­dent Christoph Janser.

Titel­seite Jubiläumss­chrift

Rund 250 Seit­en umfasst die Jubiläumss­chrift – für jedes Vere­in­s­jahr also fünf Seit­en. «Schon nur deshalb kann die Chronik der Geschichte unseres Vere­ins nicht gerecht wer­den», erk­lärt Daniel Frey. Er ist aber überzeugt, dass die Chronik einen wun­der­baren Quer­schnitt über die let­zten 50 Jahre «Schwu­len­e­manzi­pa­tion» in Bern und in der Schweiz gibt.

Und heute kön­nen wir heirat­en

In den Anfangszeit­en der HAB wurde die Ehe von den Mit­gliedern noch als «kon­ser­v­a­tives repres­sives» Ele­ment ange­se­hen, die Ehe sollte abgeschafft – und sich­er nicht «für alle» geöffnet wer­den. In der Chronik erin­nert sich Urs Büt­tikofer, HAB-Präsi­dent von 1973 bis 1975, dass er aber damals den Grund­satz ver­trat, dass diejeni­gen, die heirat­en wollen, das auch dür­fen soll­ten: «Für mich war klar, dass Gle­ich­berech­ti­gung nur über den Weg des Dialogs möglich ist».

Mit der Öff­nung der Zivile­he am 1. Juli dieses Jahres ist für gle­ichgeschlechtlich Liebende die rechtliche Gle­ich­stel­lung erre­icht. «Jahre­lang ver­sucht­en wir zu beweisen, dass wir ‹nor­mal› sind und deshalb ein Recht auf gle­iche Rechte haben», meint Daniel Frey. Jet­zt ist es aber höch­ste Zeit, der het­ero­nor­ma­tiv­en Gesellschaft aktiv unser Ander­s­sein ent­ge­gen­zuset­zen. «Wir arbeit­en, leben und lieben nicht auf einem anderen Plan­eten, son­dern mit­ten in der Gesellschaft – ob wir nun 20, 50 oder 80 sind». «Und dabei ist unsere Com­mu­ni­ty sol­i­darisch – sol­i­darisch untere­inan­der und auch gegenüber anderen Min­der­heit­en», ergänzt Christoph Janser.